EU macht Jagd auf Raubkopierer und Produktpiraten - Anti-Piraterie-Lobby im Sicherheitswahn

    • Offizieller Beitrag

    Von Manuel Masiero

    Die EU und die USA machen Ernst: Mit dem Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) wollen sie die Produktpiraterie bekämpfen und stellen den Bürger dabei unter Pauschalverdacht. Internet-Zwangsabschaltungen und kurze Rechtswege sollen jede Urheberrechtsverletzung aufdecken. Dazu kommen die in den USA schon gängigen Notebook-Durchsuchungen. Wir zeigen, was sich hinter dem geplanten Entwurf verbirgt.

    Auf US-amerikanischen Flughäfen dürfen Grenzbeamte nach eigenem Ermessen Laptops, PDAs, Mobiltelefone und andere Speichergeräte wie MP3-Player durchsuchen. Einen konkreten Anlass brauchen sie dafür nicht. Wer sich weigert, den Zöllnern beispielsweise die verschlüsselte Notebook-Festplatte zugänglich zu machen, riskiert Ärger. Laut einer Richtlinie der US-Grenzschutzbehörden (US Customs and Border Protection) dürfen die Zöllner Daten nicht nur kopieren, sondern sie auch zwecks gründlicher Prüfung einbehalten. Die Beamten können die Laptops und MP3-Player also kurzerhand konfiszieren. Reisende bekommen ihr Equipment teilweise erst Monate später oder gar nicht mehr zurück. Und ob es dann noch funktioniert, ist ebenfalls nicht garantiert.

    USA-Reisende unter Pauschalverdacht
    Nach derzeitiger US-Rechtsprechung sind die Durchsuchungen ohne jegliche richterliche Kontrolle völlig legal. Das Recht auf Privatsphäre gilt nach dem Urteil eines amerikanischen Berufungsgerichts nicht, weil die Durchsuchung der Speichergeräte von Reisenden mit dem Öffnen von Gepäckstücken gleichzusetzen ist. Beim Herumstöbern gehen die Beamten allerdings nach dem Zufallsprinzip vor, da es anscheinend keine verbindlichen Vorgaben der Zollbehörden gibt. Mal durchsuchen die Zöllner den Browser-Cache, mal Festplattenorder, durchstöbern E-Mails und entscheiden auch gleich, wer verdächtig aussieht. Nach Beobachtungen der Washington Post scheinen die Beamten bevorzugt Reisende arabischer und südasiatischer Herkunft im Visier zu haben.

    Die US-Grenzschutzbehörden verteidigen das Vorgehen. Was nach zielloser und aufdringlicher Schnüffelei aussehe, sei vielmehr ein entscheidendes Mittel im Kampf gegen Terroristen und Drogenschmuggler und diene außerdem anderen Angelegenheiten der nationalen Sicherheit. Zudem wolle man mit den Durchsuchungen Kinderpornographie bekämpfen und gegen Urheberrechts- und Markenverletzungen vorgehen. Glaubt man den Abgaben der Behörden, mussten im Jahr 2007 weniger als ein Prozent der rund 400 Millionen USA-Reisenden eine solche Durchsuchung über sich ergehen lassen.

    Copyright-Polizei bald auch in Europa?
    In den USA sind die Richtlinien äußerst umstritten. Für den demokratischen Senator Russ Feingold aus dem US-Bundesstaat Wisconsin sind sie nicht nur besorgniserregend, sondern stellen auch eine grobe Verletzung der Privatsphäre dar. Doch was in den USA bereits Alltag ist, könnte bald auch in Europa Wirklichkeit werden. Hinter verschlossenen Türen wird mit dem Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) derzeit über ein Abkommen zur Bekämpfung von Produktpiraterie verhandelt, in dem genau solche Praktiken diskutiert werden.

    Im Oktober 2007 gab die EU-Kommission auf ihrer Webseite bekannt, dass sie zusammen mit den USA, Japan, Korea, Mexiko und Neuseeland ein weltweites Handelsabkommen namens ACTA gegen Produktpiraterie vorantreiben wolle. Federführend sind dabei die USA, die EU, Japan und die Schweiz. Kein Wunder, denn in diesen Staaten sitzen die meisten Unternehmen, die ein Interesse daran haben, ihr geistiges Eigentum schützen zu lassen.

    Geheimniskrämerei um ACTA-Inhalte
    Um ACTA machen alle Beteiligten ein großes Geheimnis. Derzeit sind weder die nationalen Parlamente der G8-Mitgliedstaaten oder die europäische Öffentlichkeit offiziell darüber informiert, welchen Maßnahmenkatalog ACTA genau umfassen soll. Bisher fanden sämtliche Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt und konkrete Pläne drangen nicht an die Öffentlichkeit. Erst im Mai 2008 wurden Details publik. Die Webseite Wikileaks.org veröffentlichte ein , das die diskutierten Maßnahmen von ACTA zeigt.

    Die Palette der Maßnahmen sieht dabei nicht nur erweiterte Befugnisse für Grenz- und Ermittlungsbeamte vor, sondern soll es Rechteinhabern wie der Musik- und Filmindustrie auch leichter machen, zivilrechtliche Ansprüche auch außerhalb der Landesgrenzen durchzusetzen. Nach bisher zwei Verhandlungsrunden soll bei Runde drei im Oktober 2008 ein erster verbindlicher ACTA-Entwurf verabschiedet und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Für den Konsumenten wird das wohl kein angenehmer Anblick.

    Viele Lobbyisten, wenige Datenschützer
    Der kanadische Rechtsprofessor Michael Geist hat genauer nachgeforscht und herausgefunden, dass die Verhandlungen von einer internen Gruppe namens „Intellectual Property and Trade Advisory Group“ geführt werden. Sie besteht neben Repräsentanten der beteiligten Regierungen nur aus Lobbyisten der Musik-, Film- und Spielebranche. Von Datenschützern oder Vertretern der Telekommunikationsbranche ist dagegen nichts zu sehen. Es ist daher zu befürchten, dass der geplante Maßnahmenkatalog deutlich zu Lasten der Verbraucher geht.

    Drohen durch das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) auch hierzulande bald amerikanische Verhältnisse? Studiert man das Wikileaks-Dokument, scheint das durchaus plausibel. Der ACTA-Entwurf bleibt jedoch allzeit unverbindlich. Alles ist möglich, nichts muss implementiert werden, denkbar ist vieles. Demnach könnte gegen Urheber-, Marken- und Patentrechtsverletzungen durchaus verstärkt mit strafrechtlichen Mitteln und der Ausweitung der Zollbefugnisse vorgegangen werden. Zoll und andere Behörden könnten auch in Europa die Laptops, iPods und andere Datenträger von Passagieren durchsuchen. Dabei müssten die Beamten allerdings bestimmen, was „illegale“ Inhalte sind und was nicht – ein ebenso aussichtloses wie fehleranfälliges Vorgehen.

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    [Quelle & weitere Infos: CHIP online ]

    Gruß
    data :97:

    "Beim Tanken einfach nach dem Benzin vom Vortag fragen
    - klappt ja auch beim Brot"
    (Anonymus)

    206

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  • Das versucht die EU schon sehr lange nur ohne erfolg.. weil es einfach zu viele leute machen und alle kann man ja nicht eisperren...^^
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