Achtung ! - VORURTEILE

  • Staunen

    Alt ist ein Mensch nicht, wenn es an seinem Körper zu zwicken beginnt, nicht, wenn das Treppensteigen schwer fällt, nicht, wenn die Augen nicht mehr so recht wollen, nicht, wenn sein Haar ergraut.
    Alt ist ein Mensch, wenn er aufhört zu staunen oder es überhaupt nie gelernt hat, wenn also seine Phantasie ergraut.
    Wenn ein Neunzigjähriger vor der Hagia Sophia, vor den Pyramiden oder nur vor einem Neugeborenen steht und staunt, ist er ein junger Mann, eine junge Frau.
    Bedauerlicherweise bin ich schon Dreißigjährigen begegnet, die alles bereits zu kennen scheinen und ohne die geringste Begeisterung registrieren. Sie hätten sich wohl geschämt, sie zu zeigen, wären sich kindlich vorgekommen. Sie mögen auch im Winter braun gebrannt, kerngesund und bravouröse Surfer sein.
    Aber hinter dieser Fassade, befürchte ich, sind sie uralte Leute, Greise im Kopf.

    Quelle: Sir Peter Ustinov - ACHTUNG! - Vorurteile.


    Gruss von Daniel

  • Der Krieg - ein mörderischer Sport ?

    Schaut man genau hin, dann hat man in letzter Zeit manchmal den Eindruch, als habe sich das Verhältnis von Sport und Krieg umgekehrt: Der Sport ist nicht mehr Trugbild des Krieges, sondern der Krieg Trugbild des Sports.
    In der französischen Presse, in der englischen Presse, in beinahe jeder Presse stand schon vor dem Irak-Krieg zu lesen: "Was machen wir nach Saddam?" Es gab Talkshows, in denen nur darüber gesprochen wurde, wie es nach Saddam weitergeht. Das war so wie beim Fußball. Was macht die Nationalmanschaft, wenn sie in der nächsten Runde ist ?
    In einer Zeitung gab es dazu eine erhellende Karikatur: Auf ihr sieht man einen Mann nachts alleine vorm Fernseher sitzen, über den Bildschirm fliegen die Raketen, und der Mann sagt: "Hoffentlich übertragen die Leute von CNN den nächsten Krieg gegen Saddam live und nicht nur in der Nacht."
    Das ist die Welt aus der Sicht des Fernsehzuschauers, der anständig bedient werden will und auf Liveberichte pocht, für die er sich nicht aus dem Bett schälen muss. Ich bin sicher, dass es vielen Leuten so geht. Sie sehen den Krieg wie eine Sportübertragung und finden ihn so spannend wie einen Krimi.
    Ich habe einen Roman geschrieben, in dem ein amerikanischer Polizeichef sich pausenlos Krimis anschaut und wütend wird, weil sein Kollege auf der Mattscheibe in nur einer Stunde herausfindet, wer der Täter ist. Das geht ihm, dem Polizeichef, zu schnell, seine Kommissare brauchen immer Monate.

    Quelle: Sir Peter Ustinov - ACHTUNG! - Vorurteile.


    Gruss von Daniel

  • Unser Hirn, ein Computer

    Der Mensch sollte sein Gehirn, mit dem er geboren ist, benutzen.
    Menschen mit Vorurteilen benutzen es leider wenig. Dann ist der Kopf nur eine manchmal hübsche Dekoration, ohne eigenes Leben. Ein Mensch kann dumm sein, als ob er gar kein Gehirn hätte. Ja, weil er es nie benutzt. Er atmet doch auch. Luft holen sollte er ebenso mit seinem Gehirn, wir können nämlich enorm viel entdecken damit. Wir können fremde Sprachen lernen, komplizierte Rechenformeln, technische Finessen und eben eine vorurteilslose Betrachtung der Welt - wenn wir das Gehirn benutzen.
    Zauberer, Rechenkünstler und andere Kopfathleten führen uns die erstaunlichen Fähigkeiten unseres Gehirns vor. Eigentlich ist es wie bei einem Computer. Auch er kann potenziell Millionen erstaunliche Dinge, aber anfangs ist man schon froh, siebzehn davor zu beherrschen. Nur wenn man ihn auch regelmäßig benutzt, wenn man sich darin trainiert, wird man eines Tages all seine Funktionen nutzen können.
    Wenn ich mich an einen Namen nicht erinnere, sage ich mir manchmal, dass ich ein Computer bin, und finde den Namen mit ganz abstrakten Methoden heraus.
    Wir wissen, dass wir zu achtzig Prozent aus Wasser bestehen. Wenn man nicht wie ich kranke Füße hat, dann kommt der große Arzt und tröstet: Es ist schon viel besser heute, kaum noch Gerüche, wenig Bakterien. Da fühlt man sich wirklich wie ein Stück Fleisch. Das Gehirn scheint mir das einzige Organ, dessen Funktionstüchtigkeit nicht die Ärzte, sondern wir selbst bestimmen und kontrollieren. Es kann viel mehr, als wir von ihm verlangen. Wenn wir ein Buch lesen, behalten wir zuerst nur die groben Linien und ein Minimum an Details. Unser Gedächtnis tritt in den Streik. Aber schon beim nächsten Buch streikt es weniger. Das Archiv, die Datenbank, die Bibliothek in unserem Kopf ist größer gewurden. Sogar, wenn wir mit sechzig Jahren anfangen, Zellen zu verlieren, sind noch viele intakt.
    Ich glaube Vorurteile entstehen durch Faulheit des Gehirns. Es ist ein Zeichen von Faulheit im Kopf, wenn ein Weißer lärmt, die Schwarzen seien dumm. Ich wünsche ihm eine Begegnung mit meinem farbigen Freund Harry Belafonte. Dann erlebte er, wer der Dumme ist. Die Gehirnforschung, die Neurologie, ist heute etwa so klug, wie es die Physik bereits zu Isaac Newtons Zeit war, vor vierhundert Jahren.
    Wir können dazu beitragen, dass dies besser wird.

    Quelle: Sir Peter Ustinov - ACHTUNG! - Vorurteile.


    Gruss von Daniel

  • Pass mal lieber auf Daniel, daß es dir nicht ergeht wie dem Alyssa Milano Fanclub oder Fanseite. Du hast ja mitterlweile fast das ganze Buch hier veröffentlicht 8o

  • Zitat

    Original von Doc Tock
    Pass mal lieber auf Daniel, daß es dir nicht ergeht wie dem Alyssa Milano Fanclub oder Fanseite. Du hast ja mitterlweile fast das ganze Buch hier veröffentlicht 8o

    .....mit dem Hinweis das Buch auch zu kaufen und als Anregung einige kurze Kapitel gepostet.
    Es werden sowieso net mehr viele Kapitel kommen, da sie eh zu lang sind um sie ins Netz zu stellen. Höchstens noch zwei und davon auch nur sehr kleine.
    Für Buchvorstellung gibt es auch INET-Foren wo über Bücher philosophiert wird und auch Kapitel gepostet werden. Einen Verweis wo ich die Kapitel her habe, habe ich auch gepostet, dürfte also nicht so sehr viel passieren, weil das Thema eh auf Seite 6 bei google steht.

    Weitere Kapitel die sehr interessant sind, sind nicht nur Sachen rund um Vorurteile, sondern auch um Leute die Ustinov während seiner Lebenszeit kennengelernt hat. Unter anderem war das Charlie Chaplin :D


    Gruss von Daniel

  • Über Bärte

    Ich glaube, Deutschland hat einen Komplex wegen seiner kaiserlich-militärischen Vergangenheit und will nie wieder in eine Solche Falle geraten. Erst nach langem Abwägen konnte man sich dazu entscheiden, Soldaten ins Ausland zu schicken, um mit internationalem Mandat den Frieden zu sichern. Deutschland hat heute ein anderes moralisches Gewicht und zeigt ein anderes Gesicht. Man sieht es schon bei den Polizisten, die tragen problemlos Bärte und lange Haare. Die englische Poizei würde das nie erlauben, außer man hat eine Hautkrankheit, dann darf man einen ganz dünnen Bart tragen. Die Taliban wären in England also nicht tauglich für den Polizeidienst, denn bei ihnen herrscht eine Art Bartzwang. Wenn ein Mann unter den Taliban ohne Bart angetroffen wurde, dann drohte ihm Auspeitschung oder noch Schlimmeres. Nun ja, die Amerikaner werden dort sicher bald eine Gillette-Fabrik aufmachen.
    Aus den Bärten ließe sich auch eine schöne Geschichte des Vorurteils herauskämmen, eine haarige Geschichte über Männer in den verschiedensten Kulturen und zu den verschiedensten Zeiten. Die verbindliche Vorstellung im 19. Jahrhundert wollte, dass der europäische Mann einen Vollbart trug. Marx hatte einen, Freud ebenfalls, nicht so lang, aber immerhin. Der Bart galt als Zeichen bürgerlicher Respektabilität. Großadmiral von Tirpitz hatte gleich zwei Bärte. Nur Ernst Jünger war, im 20. Jahrhundert, nackt im Gesicht. Da hat der Offizier sich bei ihm durchgesetzt, der glatt rasierte deutsche Offizier. Und die Nazis trugen keine Bärte, außer dem einen, und das war nur ein lächerlicher Schnauzbart.
    Wenn die Legende stimmt, muss Hitler sich bis zum Tobsuchtsanfall darüber geärgert haben, dass er Charlie Chaplin ähnlich sah. Es kann aber auch umgekehrt gewesen sein.

    Quelle: Sir Peter Ustinov - ACHTUNG! - Vorurteile.


    Gruss von Daniel