- Offizieller Beitrag
Von Thomas Littschwager
Wie lange leben wohl Festplatten, CDs & DVDs? Neue Forschungsergebnisse belegen: Oft nur wenige Jahre, dann droht Datenverlust. Wir zeigen, wie Sie Fotos, Filme und Mails dauerhaft konservieren.
Nichts für ewig: Festplatten, CDs & DVDs.
Auch 2006 stand ganz im Zeichen der weltweiten digitalen Datenflut: Beinahe 100 Millionen Digitalkameras und 50 Millionen DVD-Recorder mit Festplatte gingen über die Ladentheke, rund 1,5 Milliarden iTunes-Songs wurden verkauft. Mit den Kameras werden Milliarden von Bildern geschossen, mit den Recordern Millionen von Filmen aufgezeichnet, auf den Rechner unzählige Lieder kopiert.
Die Folge: Viel zu schnell quellen die Festplatten privater PC-Nutzer über; Fotos und Videos werden deshalb auf billige CD- oder DVD-Rohlinge kopiert und in den Schrank gelegt. In 20 Jahren, so denkt der unbedarfte Nutzer, zeigt er die ersten Baby-Fotos den mittlerweile erwachsenen Kindern. So wie es damals seine Eltern taten - allerdings in Form von leicht verblassten Schwarz-Weiß-Fotos. Digitalbilder können nicht verblassen, doch was, wenn sie in 20 Jahren nicht mehr lesbar sind, der lustige Hausaufsatz aus der 6. Klasse - in Word getippt - zerstört, die Diplomarbeit nicht mehr auffindbar?
Wer digitale Erinnerungen und wichtige Dokumente über die Jahrzehnte retten will, muss sich genau überlegen, welche Speichermedien er für die Archivierung verwendet. Wir geben einen Überblick, welche Möglichkeiten Ihnen zur Verfügung stehen - und von welchen Sie besser die Finger lassen.
Optische Speichermedien: Erstaunlich anfällig
Der Großteil aller privaten Sicherungen, Backups oder Archivierungen wird heute auf CDs oder DVDs abgelegt - und geht von dort aus überraschend schnell seinen Weg ins Daten-Nirvana.
Denn kaum ein anderes Speichermedium bietet weniger Beständigkeit und Sicherheit. Die meisten Untersuchungen über die Lebenserwartung von CDs oder DVDs bescheinigen den Silberscheiben bei idealer Lagerung zwar 80 bis 100 Jahre Beständigkeit. Doch leider sind beinahe alle Studien von Rohlings-Herstellern initiiert - und demnach nicht zwingend als objektiv zu bewerten. Einer unabhängigen Untersuchung des NIST (National Institute of Standards & Technology, Gaithersburg/USA) zufolge kann eine DVD-R bis zu 30 Jahre halten, allerdings nur bei optimaler Lagerung. Und das bedeutet: 25 Grad Celsius, keine Temperaturschwankungen, kein Lichteinfall, gleichmäßig 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Solche Idealbedingungen herrschen aber in häuslicher Umgebung praktisch nie. Nach Meinung von Experten - und zahlreichen leidvollen persönlichen Erfahrungen - lassen sich selbst gebrannte CDs oder DVDs bei normaler Behandlung oft schon nach wenigen Jahren nicht mehr auslesen.
Die häufigste Ursache: Falscher Umgang mit dem Medium
Schäden an den Silberscheiben können auf unterschiedlichste Weise entstehen. Die simpelste, aber auch häufigste Ursache: Die CD oder DVD wird durch unüberlegtes Ablegen auf einer Tischplatte so stark verkratzt, dass die gespeicherten Daten für den Lesekopf im Laufwerk einfach nicht mehr erkennbar sind. Lenken schon Kratzer auf der Unterseite der Scheibe den lesenden Laserstrahl ab, so sind Verletzungen auf der Oberseite (auf der sich die Beschriftung oder das Label befindet) noch viel gravierender - speziell bei CDs. Bereits feine Kratzer können die Reflexionsschicht zerstören, an der sich der Laser spiegelt. Solche Beschädigungen entstehen häufig beim Beschriften des Rohlings: durch den Einsatz eines ungeeigneten Stiftes wie Kugelschreiber oder Bleistift, dessen Spitze die Reflexionsschicht zerkratzt. Sehr viel besser eignen sich spezielle CD-Marker mit weicher Spitze, die die Oberfläche des Rohlings nicht angreifen.
Problemfall: Klebeetiketten
Noch gefährlicher als Stifte sind Klebe-Etiketten: Besonders bei billigen Produkten reagieren die Lösungsmittel im Kleber mit der Polycarbonat-Oberfläche des Rohlings. Das kann dazu führen, dass Feuchtigkeit in die Polycarbonat-Schicht eindringt und die silberne Reflexionsschicht korrodiert (siehe Bild). Lösungsmittel wurden früher sogar bei den Labels von gepressten CD-ROMs eingesetzt: Gerade die ersten CDs aus den frühen 80er Jahren wurden mit Labels bedruckt, in denen sich aggressive Chemikalien befinden. Mit diesem Problem kämpft derzeit besonders das in Berlin beheimatete Musikarchiv der Deutschen Nationalbibliothek (http://www.ddb.de Trotz perfekter Lagerungsbedingungen lassen sich von knapp 400.000 CDs (Stand: Februar 2007) bereits heute mehrere hundert Tonträger der ersten Stunde nicht mehr auslesen - eine Verschlimmerung der Situation wird befürchtet.
Schon seit Jahren versprechen die Rohlings-Hersteller, bessere Produkte mit längerer Lebensdauer auf den Markt zu bringen. So gibt es mittlerweile die sogenannten "Preservation"-Rohlinge von Kodak, die "bis zu 300 Jahre" vor Korrosion sicher sein sollen - unabhängige Testergebnisse dazu stehen noch aus. Ebenfalls noch nicht bewiesen ist der Nutzen des "SecurDisc"-Verfahrens von LG, bei dem die Daten auf dem freien Platz des Rohlings mehrfach gespeichert werden. Starke Kratzer in der Oberfläche oder ein Bruch der Scheibe bei zu starker mechanischer Beanspruchung können natürlich auch mit diesem Verfahren nicht verhindert werden - dasselbe gilt für die HD-DVD- und Blu-ray-Scheiben der nächsten Generation.
Nicht für die Ewigkeit
Tipp: Auch wenn optische Medien günstig, einfach zu handhaben und praktisch in jedem Haushalt vorrätig sind - für langfristige Archivierungen taugen die Silberscheiben nicht. Sollten Sie also zu den unzähligen Anwendern gehören, die ihre Sicherungen auf CD- oder DVD-Rohlinge vorgenommen haben, kopieren Sie Ihre Daten möglichst zügig auf ein neues Medium. Möchten Sie trotzdem weiter auf CDs oder DVDs setzen, greifen Sie zu Marken-Rohlingen mit korrosionsbeständiger Goldschicht und besonders harten und kratzfesten Oberflächen (etwa Emtec CD-R Gold, zirka 1,50 Euro/Stück oder TDK ScratchProof DVD, zirka 2,50 Euro/Stück). Für die Archivierung auf DVD verwenden Sie am besten DVD-RAM-Rohlinge: Sie verfügen über ein ausgeklügeltes Defektmanagement, das kaputte Sektoren erkennt, ausblendet und gar nicht erst beschreibt - wie bei Festplatten. Damit wird die Fehlerwahrscheinlichkeit schon beim Schreiben minimiert.
Festplatten:Mechanisch sensibel
Auch wenn der Preis pro Megabyte bei Festplatten heutzutage nicht mehr günstiger ist als bei DVDs - die ferromagnetischen Speichermedien haben gegenüber den Silberscheiben doch enorme Vorteile.
Festplatten benötigen nicht wie 300 GByte DVD-Speicherplatz ein ganzes Regal zur Aufbewahrung. Und der Zugriff auf die Daten ist sehr viel schneller und flexibler: Dateien lassen sich löschen, umbenennen oder neu aufspielen, das erleichtert jedes Backup enorm. Weiterer großer Vorteil: Die Hersteller geben auf ihre Modelle meist 5 Jahre Garantie. Das lässt darauf schließen, dass Festplatten in der Regel zumindest diese Zeitspanne überleben. Doch natürlich gibt es auch bei Harddisks keine Garantie für sichere und zuverlässige Archivierung. Wie bei CD/DVDs sind auch bei Festplatten die Lagerungsbedingungen ausgesprochen wichtig. Hohe Luftfeuchtigkeit kann Korrosionen an den mechanischen Teilen der Platten verursachen, starke magnetische Strahlungen in unmittelbarer Nähe - etwa durch Lautsprecher - polen gelegentlich Informationen auf dem magnetischen Datenträger um und zerstören sie dadurch.
Vorsicht vor dem Absturz
Noch gefährlicher ist es jedoch, wenn die Massenspeicher umfallen oder Erschütterungen ausgesetzt werden. Zwar halten 3,5-Zoll-Festplatten eine Beschleunigung bis zur 250-fachen Erdbeschleunigung (G) aus - ein an sich hoher Wert. Doch dieser kann beim Schreib-Lese-Kopf wegen seines mikroskopisch kleinen Abstands zur Magnetscheibe bereits beim einfachen Umfallen der Platte aus dem Stand überschritten werden. Kleinere Festplatten (2,5-Zoll- oder 1,8-Zoll-Harddrives) sind aufgrund ihrer geringeren Masse deutlich stabiler (bis 900 G).
Produktionsfehler
Aber nicht nur Feuchtigkeit und mechanische Gewalt zerstören Festplatten, manchmal sorgen auch Produktionsfehler für spätere Ausfälle. Google etwa hat in der Studie "Failure Trends in a Large Disk Drive Population" das Ausfallverhalten der über 100.000 Festplatten in seinen Rechenzentren untersucht. Das überraschende Ergebnis: Festplatten hauchen beileibe nicht nur am Ende ihrer angegebenen Lebensspanne den Geist aus. Stattdessen sterben besonders viele Laufwerke gleich zu Beginn ihres Einsatzes, grafisch veranschaulicht dies die sogenannte "Badewannen-Lebenskurve".
Regelmäßiger Wechsel notwendig
Tipp: Der Einsatz von Festplatten als Langzeit-Datenspeicher ist nur dann zu empfehlen, wenn ein strenges Prozedere eingehalten wird: Am sichersten ist es, ein identisches Backup auf wenigstens vier Laufwerken redundant aufzubewahren. Wem das zu teuer ist, der kann auch eine arbeitsintensivere Variante wählen: In den ersten Wochen legen Sie ein doppeltes Backup an - eines auf der alten, bewährten Platte, das zweite auf dem neuen Harddrive. Die Integrität der neuen Platte sollten Sie vor allem in der ersten Zeit regelmäßig checken - etwa mit dem Tool HDTune (http://www.hdtune.com). Es liest die SMART-Werte ("Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology") aus, die angeben, ob eine Festplatte in naher Zukunft Fehler produzieren könnte. Zeigt die Überprüfung über längere Zeit grünes Licht, können Sie die alte Harddisk ausmustern und die neue (sehr vorsichtig) in den Schrank legen - am besten in der antistatischen Plastiktüte, in der die Platte ausgeliefert wird. Alle vier Jahre wiederholen Sie diese Prozedur mit einer neuen Festplatte.